Goldilocks Ausgabe 05 | Page 15

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Facebook will Kryptowährung Libra zum Weltgeld machen



Eine neue Kryptowährung hat das Potential, Nicht-FIAT-Geld endgültig eine globale Bühne zu geben. Maßgeblich vorangetrieben wird sie von Facebook.



Was ist neu


Social-Media-Gigant Facebook hat Mitte Juni seine Kryptowährung Libra offiziell bekannt gegeben. Auf Basis einer eigenen, privaten Blockchain soll man sich ab 2020 per Facebook Messenger oder über Whatsapp in Sekundenschnelle Geld hin- und herschicken können. Für alle ohne Facebook-Account wird eine eigene Wallet namens Calibra entwickelt.

Grenzüberschreitendes Überweisen, das bei bisherigen Anbietern derzeit im Schnitt sieben Prozent an Gebühren kostet, soll so günstiger, schneller und einfacher werden. Außerdem soll Libra das Digitalgeld für die „Unbanked“ werden, also Menschen ohne Zugang zu einem eigenen Bankkonto. Eine Testphase läuft bereits.

Zu den Mitgründern von Libra gehören aus dem Payment-Bereich Mastercard und Visa, Paypal, Stripe und PayU, im Technologie-Segment unter anderem Ebay, Spotify und Uber sowie der Telekommunikationsriese Vodafone und Wagniskapitalgeber Andreessen Horowitz. Neben P2P-Überweisungen ist also zu erwarten, dass der Libra Coin auch für herkömmliches Payment im On- und Offlinehandel genutzt werden kann. Und das Ganze zu geringen Gebühren.

Facebook hat angekündigt, seine Beteiligung an dem Geld-Vorhaben komplett über eine Tochterfirma und getrennt von den sonstigen Nutzerdaten abzuwickeln, so dass dem Facebook-Nutzer Anonymität bei seinen Libra-Handlungen gewährleistet würde. Für das Unternehmen ist Libra anders als erwartet keine Verlängerung der Werbeaktivitäten, sondern soll – wie Facebooks Blockchain-Chef David Marcus erklärt – den Einzelhandel fördern. Davon erhofft man sich auch einen positiven Effekt für das eigene Werbegeschäft. Facebook wird aber auch an den Überweisungsgebühren verdienen sowie an den Zinsen, wenn es Libra-Geld vorübergehend in normale Bankeinlagen oder Staatsanleihen anlegt.

Was das bedeutet


Facebook hat mehr Nutzer als drei der fünf größten Länder der Welt – USA, China und Brasilien – Einwohner haben: Rund 2,4 Milliarden Menschen sind nach letzten Informationen aktive Facebook-Kunden. Allein die Zahl sollte Verantwortlichen in Banken die Tränen in die Augen treiben. Doch diese News ist mehr als ein weiteres Beispiel für die Disruption des Finanzwesens durch GAFA.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht klar, welche Rolle Banken in der neuen Libra-Welt noch spielen können: Da der Coin bewusst auch als Zahlungsmittel für Kontolose beschrieben wird, ist davon auszugehen, dass ein Girokonto nicht mehr absolut notwendig ist. Die klassische Bank wird damit potentiell vollkommen ausgebootet und das auf globalem Level.
Zudem zeigen die Kreditkarten-Produzenten Mastercard und Visa als Mitgründer, dass auch sie sich längst nicht mehr an die alte Welt fesseln lassen, sondern Facebooks Vision einer schnellen, wahrhaftig weltweiten Währung teilen. Aus dem Libra-Whitepaper geht hervor, dass es ein globales Netzwerk mit Partnern geben soll, das sicherstellt, dass man seine FIAT-Währung zu einem gegebenen Kurs in Libra umtauschen kann und umgekehrt.

Nun ist der Euro-Raum nicht der primäre Zielmarkt für die Kryptowährung, da liegen Länder mit einer hohen Dichte von Kontolosen oder einer grundsätzlich instabilen Währung näher. Es wäre dennoch fatal, wenn die Sparkassen und andere deutsche Banken glaubten, dass Libra für sie deshalb nicht von Relevanz sei. Sollte sich das neue Digitalgeld in Schwellenländern durchsetzen, kann Libra auch ganz schnell zu uns drängen. Nicht zuletzt, weil auch in Deutschland ausreichend Migranten leben, die Geld zu ihren Familien nach Hause schicken – ein naheliegender Use Case für Libra.

So oder so wurde Facebooks Vorhaben gerade erst bekannt und es gibt neben Organisatorischem auch noch regulatorisch Vieles, das unklar ist. Die Bekanntmachung hat dennoch bereits für Empören und Sorge in der Politik gesagt: „Das darf nicht passieren“, sagte der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire zu der Perspektive, Libra könne eine souveräne Währung werden. Und in Facebooks Heimatland meldeten Vertreter mehrerer US-Ausschüsse an, das Vorhaben müsse zunächst wegen Datenschutzbedenken untersucht und die Währung von Anfang an reguliert werden, Facebook solle bis dahin seine Pläne auf Eis legen.

Autoren: Carolin Neumann, Co-founder bei finletter und Clas Beese, Co-founder bei finletter