Goldilocks Ausgabe 10 | Page 20

Autorin : Olivia Weindorf EY Startups
Autor : Francesco Pisani EY Parthenon | Strategy and Transactions

GEN Z AUSGABE 10

Bild : Unsplash , Zachary Nelson

GASTBEITRAG

IN JEDER GOLDLOCKS AUSGABE BIETEN WIR RAUM FÜR EXTERNE PERSPEKTIVEN .
LESEDAUER : 8 MIN

GESTATTEN , GENERATION Z

Lange Zeit galten sie als arbeitsscheu , weil sie nach einer gesunden Work-Life-Balance streben .

Sie sind true digital natives , anfällig für Trends und mit dem Smartphone in der Hand aufgewachsen . Wer jetzt glaubt , dass die so genannte Generation Z neben Netflix , TikTok und gedankenlosem Konsum nicht viel zu bieten hat , irrt sich jedoch . Zugegeben : viel Geld haben Generation Zler in der Regel nicht . Aber sie sind in finanziellen Angelegenheiten deutlich konservativer eingestellt als ihre älteren Geschwister und sehnen sich nach Sicherheit und Stabilität . Bedenkt man , dass die Generation Z in einer Periode ökonomischer Instabilitäten aufgewachsen ist und sich mit Problemen wie Arbeitslosigkeit , steigenden Immobilienpreisen oder steigenden Ausbildungskosten konfrontiert sieht , ist ihre Angst vor der Zukunft nachvollziehbar .

46 %

Nach einer Erhebung des EY Fintech Adoption Index 2019 machen sich 46 % der 18- bis 24-Jährigen in Deutschland Sorgen um ihre finanzielle Zukunft .

Statt sich dieser Angst zu ergeben , will die Gen Z ihr Schicksal aber selbst in die Hand nehmen . 34 % der 18- bis 24-Jährigen wissen jedoch nicht , wie sie ihre finanzielle Absicherung bestmöglich planen sollen .[ 1 ]

In Zeiten , in denen Bargeld immer mehr an Bedeutung verliert und sich eine cashless society zwischen Online-Shopping , Internet-Streamingdiensten und Videospielen etabliert hat , werden Bankkonten auch für Taschengeldbezieher relevanter . Aber : Bis zur Volljährigkeit können Verträge nur unter bestimmten Voraussetzungen geschlossen werden . In der Regel eröffnen also die Sorgeberechtigten das erste Bankkonto für ihre Kinder . Ab dem Zeitpunkt ihrer Geburt können Konten für Kinder eröffnet werden , die in einigen Fällen bis zum Erlangen eines berufsqualifizierenden Abschlusses gebührenfrei bleiben . Spätestens dann stellt sich für die Konteninhaber die Frage , ob sie ihrem bisherigen Anbieter treu bleiben oder sich nach Alternativen umsehen wollen .

42 %

42 % der 18- bis 24-Jährigen würden zuerst ihren bisherigen Anbieter challengen [ 2 ], und nur dann von diesem abweichen , wenn das Angebot nicht mehr zu ihren individuellen Bedürfnissen passt .

43 % der Befragten wünschen sich darüber hinaus eine „ Alles aus einer Hand ” -Lösung für ihre Finanzprodukte [ 3 ]. Das heißt : Anbieter haben gute Chancen , Product-Bundles zu verkaufen . Das heißt aber auch : Es ist wahrscheinlich , dass der Anbieter gewechselt wird , wenn dieser nicht alle Ansprüche erfüllt . Hier setzt die größte Herausforderung im Umgang mit der Zielgruppe an : Die Gen Z ist mit hyper-personalisierten Angeboten aufgewachsen und es gewohnt , alles bereits passend und auf ihre persönlichen Interessen , ihr Konsumverhalten und ihren Lifestyle zugeschnitten serviert zu bekommen . Herauszufinden , was der Einzelne wirklich will , ist zeitintensiv . Fintechs , die bereits digital positioniert sind und mit intelligenten Algorithmen arbeiten , haben es leichter als traditionelle Banken , die sich diesbezüglich erst breiter aufstellen müssen . Denn auch wenn das „ online banking ” von traditionellen Banken bereits vor Jahrzehnten eingeführt wurde , unterscheiden sich die Anforderungen daran und das , was man darunter versteht , heute stark von damals . Dennoch könnte es sich lohnen , die Generation Z schon heute an sich zu binden . Per 31 . Dezember 2019 lebten 19,94 Millionen Menschen bis 24 Jahre in Deutschland . Zum Wintersemester 2020 / 21 waren 2,8 Millionen Studenten immatrikuliert – Tendenz : seit Jahren steigend [ 4 ]. Sobald diese Generation ins Berufsleben eintritt , steigt ihre Relevanz rapide .

Eine Chance für Fintechs ?

Die Generation Z sieht sich in einer Analysis-Paralysis gefangen , in der sie im Zeitalter von Internet und Co . zwar viel Input und Informationsmöglichkeiten erhält , aber auf der anderen Seite nicht weiß , wie und wo sie das vermittelte Wissen umsetzen kann .

39 %

39 % der 18- bis 24-Jährigen gaben an , bevorzugt Familie und Freunde bei finanziellen Entscheidungen zurate zu ziehen .[ 5 ] Dabei definiert sich dieser Kreis für die Gen Z insbesondere über Onlinekontakte .

Auch wenn die Generation Z als bevölkerungsreichste Generation aller Zeiten eines Tages den Markt nicht nur dominieren , sondern auch bestimmen wird , gibt es kaum Fintechs , die ausschließlich auf diesem Markt aktiv sind . Eines davon ist das Startup Pigtie . Die drei Gründer möchten ihrer Zielgruppe , den Young Professionals , Wissen über Finanzprodukte vermitteln und dessen praktische Umsetzung daran koppeln . Sie wollen ihren Nutzern dabei vor allem verdeutlichen , warum Investieren wichtig ist und wie sie erste Schritte – zunächst passiv über Micro-Investments , die in Form von „ Aufrunden ” bei Online-Bezahlvorgängen im Hintergrund für sie durchgeführt werden – gehen können . Im internationalen Vergleich wird deutlich , dass in Deutschland noch Marktlücken geschlossen werden könnten . Während es im United Kingdom mit gohenry , Revolut Junior , Starling Kite und RoosterMoney gleich vier Fintechs gibt , die Bankkonten speziell für Taschengeld anbieten , gibt es in Deutschland bislang nur heimische Apps wie finalino oder Finny Kids ergänzt von der deutschen Version von Revolut Junior , in denen Kinder ihr Taschengeld und ihre Ausgaben tracken können . Das Geld verbleibt dabei jedoch auf den traditionellen Bankkonten der Eltern . Pockid will das ändern . Im April bringt das Hamburger Fintech in Kooperation mit Mastercard ein digitales Bankprodukt mit Banking-App für Minderjährige auf den Markt . Andere Fintechs wählen bislang einen Mittelweg : Angebote für die Generation Z , aber nicht ausschließlich . Auf diese Art wollen sie die Generation als Investment an sich binden , aber gleichzeitig schon heute Einnahmen aus älteren Generationen erzielen . So wirbt die N26 als mobile Bank mit einem Girokonto , das sich dem Lifestyle seines Inhabers anpasst und bietet in ihrer App hoch-personalisierbare Spar- und Kontensharing-Funktionen an . Damit trifft sie einerseits die Bedürfnisseder Gen Z und macht diese auf sich aufmerksam , limitiert das Angebot andererseits aber nicht durch Altersbeschränkungen . Auch die Tomorrow Bank wirbt gezielt mit Angeboten , die sich an den Vorstellungen der Zler orientieren . Ihr Slogan „ Mobile Banking für ein besseres Morgen ” greift den Purpose-Drive der Generation auf . Die Tomorrow Bank gibt ihren Usern zudem ein Nachhaltigkeitsversprechen und fordert sie dazu auf , ihr Geld zum „ Teil der Lösung ” zu machen . Eine Generation Z , die aktiv mitbestimmen will , wird sich damit identifizieren . Ein besonderes Feature : die Tomorrow Bank- Geldkarte besteht aus Holz und hebt sich damit in ihrer Bedeutung und Optik sehr individuell von traditionellen Bankkarten ab . Doch nicht nur Banker , sondern auch Broker bekommen Konkurrenz durch Fintechs im Kampf um die Gunst der Zler . Trade Republik bezeichnet sich selbst als „ der Broker für eine neue Generation ”. Ihren Marktvorteil sehen sie darin , mobiler , schneller , intuitiver und dauerhaft provisionsfrei zu arbeiten , um jedem die Chance zu geben , am Kapitalmarkt zu investieren . Allerdings wird im internationalen Vergleich auch ersichtlich , dass das Business für auf Gen Z ausgerichtete Fintechs kein Leichtes ist . Die Loot Bank ( UK ), die bereits eine Kooperation mit der Royal Bank of Scotland eingegangen war , kollabierte nachdem jene keine weitere Unterstützung mehr gewährte .

Traditionelle Banken sollten jetzt handeln

63 %

Nach einer Bitkom-Studie aus dem Jahr 2019 sind 63 % der 14- bis 29- Jährigen in Deutschland bereits Smartphone-Banking-User .

Schätzungen zufolge besitzen dahingegen nur 2 % der 16- bis 25-Jährigen noch kein eigenes Bankkonto . Unter der Annahme , dass ein Großteil von ihnen dieses Konto aufgrund altersbedingter Einschränkungen nicht selbst eröffnet hat , ist davon auszugehen , dass traditionelle Banken nach wie vor einen großen Vorsprung gegenüber ihrer digitalen Konkurrenz haben : die Kunden sind bereits bei ihnen . Um diese auch halten zu können , ist ein Ausruhen auf den Lorbeeren jedoch nicht angesagt . Pigtie-Gründer Maximilian Klinke findet : „ Wenn traditionelle Banken auch weiterhin konkurrenzfähig bleiben wollen , müssen sie langfristig denken . Sie müssen die Generation Z mit würdigen Angeboten für sich gewinnen und an sich binden .” Die bisher verfolgte Strategie traditioneller Banken , mit gratis T-Shirts zum Bankkonto oder Rabattkarten für Fast- Food-Ketten zu werben , trifft jedoch nicht den Puls der Gen Z , die sich stattdessen hyper-personalisierte Angebote und deep-meaning Relationships zwischen Kunde und Anbieter wünscht . Eine Umfrage des Bankenverbands deutscher Banken aus November 2018 ergab , dass 50 % der Befragten zwischen 16 und 29 Jahren es befürworten würden , wenn ihre Bankdaten für personalisierte Angebote genutzt werden könnten . Beispielsweise also dann , wenn die Bank die Kontodaten auswertet , um ihrem Kunden einen günstigeren Stromanbieter vorzuschlagen . An dieser Stelle ergeben sich für traditionelle Banken Möglichkeiten , attraktive Service-Bundles zu schnüren . Denkbar wären auch kreative Incentives und Reward-Programme , die an das Erreichen von persönlichen Finanzzielen gekoppelt sind und deren Belohnungen sich an den Interessen und dem Lifestyle des jeweiligen Nutzers orientieren . Auch Gamification-Ansätze oder personalisierbare Designs , beispielsweise für Bankkarten , sind bei jüngeren Generationen beliebt . Das Branding und Image einer Bank können ebenfalls entscheidende Vorteile bringen : Zler legen Wert auf ein optisch ansprechendes App-Interface , auf Transparenz , einen 24 / 7-Service und auf einen zu ihnen passenden Purpose . Viele von ihnen sehen diesen Purpose im Thema Nachhaltigkeit .

Besonders über soziale Medien werden Trends gesetzt und junge Generationen schon frühzeitig mit dem Thema Finanzen in Kontakt gebracht . Aber auch wenn viele Banken bereits mit Fintechs im Allgemeinen kooperieren , haben sie diese Entwicklung noch nicht vollständig für sich genutzt : sie kooperieren bislang nämlich noch nicht mit Fintechs , deren Angebot sich ( auch ) an die Generation Z richtet . An dieser Stelle ergeben sich noch Chancen für traditionelle Banken , die Wünsche der Gen Z über Kooperationen mit geeigneten Fintechs aufzugreifen .

Wenn es den Banken gelingt , eine Brücke zwischen Tradition und Zukunft zu bauen , werden sie in der Lage sein , langfristig einen weiteren Vorteil ausspielen zu können : Denn trotz der hohen Online- Affinität der Generation Z , mochten vor Corona 85 % von ihnen ihr Bankkonto lieber persönlich in einer Filiale aus Ziegeln und Zement eröffnen . Das Vertrauen in traditionelle Banken war für 36 % der 18- bis 24-Jährigen noch höher als ihr Vetrauen in Fintechs .[ 6 ]

[ 1,2,3,5,6 ] EY Fintech Adoption Index 2019 [ 4 ] Statistisches Bundesamt
Autorin : Olivia Weindorf EY Startups
Autor : Francesco Pisani EY Parthenon | Strategy and Transactions
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