Goldilocks Ausgabe 10 | Page 5

GEN Z AUSGABE 10

Bild : Unsplash , Mohamadreza Khashai

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GEN Z WIE DIE GENERATION Z EINFLUSS AUFS BANKING NIMMT

Die Teenager von heute sind die Kunden von morgen – doch sie werden von den traditionellen Banken sträflich vernachlässigt .

Manchmal kann es für ein Unternehmen richtig sein , nicht auf seine Kunden zu hören , in die Entwicklung von Produkten mit geringeren Margen zu investieren oder aggressiv in kleine Märkte einzusteigen . Diese Erkenntnisse gehören zum Vermächtnis des 2020 verstorbenen Wirtschaftswissenschaftlers Clayton M . Christensen . Mit „ The Innovator ’ s Dilemma ” schuf der bekannte Harvard-Professor eines der Standardwerke zum Thema Innovationskultur in Unternehmen .

In dem Buch erklärt er , dass sich Investitionen in Innovationen anfangs in der Regel nicht lohnen und etablierte Unternehmen deshalb regelmäßig Herausforderern das Feld überlassen . Wenn sich der Markt – mit deren Hilfe – dann gut entwickelt , wünschen sich die Etablierten im Nachhinein , doch rechtzeitig eingestiegen zu sein . Doch dann haben die Herausforderer sich längst einen Vorsprung erarbeitet , den die Etablierten nicht mehr einholen können .

Bestes Beispiel für dieses „ Innovator ’ s Dilemma ” aus der deutschen Finanzwirtschaft der letzten Jahre ist Paydirekt , das in seiner ursprünglichen Fassung inzwischen vom Markt verschwunden ist . Es sollte der große ( fast ) gesamtdeutsche Angriff auf Platzhirsch Paypal werden . Öffentlich hat sich keiner der Verantwortlichen zu den wahren Gründe für das Scheitern geäußert , doch die Interpretation geht gemeinhin so : Das Konsortium aus deutschen Banken und Sparkassen war mit ihrem Versuch eines digitalen Payment-Systems einfach zu spät dran . Sie hatten den Payment-Markt noch unterschätzt , als Paypal schon auf dem Vormarsch war . Als die Deutschen ihr Dilemma erkannt hatten und Paydirekt an den Start schickten , war es zu spät .

Christensens „ The Innovator ’ s Dilemma ” ist heute so aktuell wie im Jahr seines Erscheinens – das war 1997 , also das Jahr , in dem die ersten ( und heute ältesten Mitglieder ) der sogenannten Generation Z geboren wurden . Die Generation Z ( siehe Abbildung ) ist eine von klassischen Finanzinstituten tragisch wenig bedachte Zielgruppe : Ihre jüngsten Mitglieder bekommen gerade mal ein klassisches Sparbuch , und zum Jugendkonto gibt es eine Girocard , mit der man meistens nicht mal online bezahlen kann . Letzteres sollte sich zwar ändern , doch trotz anderslautender Ankündigung haben die Sparkassen die flächendeckende Einführung einer Girocard mit Mastercard-Debit- Funktion bisher nicht vollzogen . Sie würde den größten Pain der Jugend lösen .

WAS DIE GENERATION Z AUSMACHT

GEN Z

Sind ständig online Keine Trennung zwischen Online und Offline Streben nach Sicherheit Personalisierung ist wichtig

Konflikt zwischen Authentizität und Selbstdarstellung Vorsichtig in Bezug auf Geld

Hohes Gerechtigkeitsempfinden Soziale Verantwortung ist wichtig Gesundheits- und umweltbewusst

Noch haben zwar laut einer Online-

Umfrage der comdirect 71 % der 16- bis 25-Jährigen ein Konto bei einer

Sparkasse oder Volksbank , doch wie lange noch , wenn diese den Bedarf der Zielgruppe nicht abdecken ?

Die deutsche Neo-Bank für die Gen Z

Wie so oft springen nun Start-ups in diese Lücke . Wenn man Christensen glaubt , sind es nicht selten die „ frustrated former employees ”, die etwas Neues starten , um das zu schaffen , was beim vorherigen Arbeitgeber nicht möglich war .

Weltweit sind bereits eine ganze Reihe Teenager-Banken aktiv , etwa das britische GoHenry oder Greenlight und Step aus den USA , Mozper aus Mexiko oder Kard aus Frankreich . Teilweise sind sie bereits mit zweistelligen Millionenbeträgen finanziert . In Deutschland gibt es aktuell nur einen nennenswerten Versuch : Pockid heißt der und bietet ein Girokonto für 7- bis 18-Jährige mit App , Debit Mastercard und Kontrollfunktionen für die Eltern . Das Angebot soll im April 2021 offiziell starten .

Jes Hennig , einer der Gründer dieser „ Neo-Bank für die Generation Z ”, bemängelt : „ Die digitalste aller Generationen kann nicht online bezahlen ”, jedenfalls nicht legal . Wer noch nicht 18 ist , sucht einen Workaround , der meistens heißt : bei Transaktionen im Netz mit der Kreditkarte oder dem Paypal-Account der Eltern bezahlen . Fürs Online-Shopping nutzt die Hälfte der Jugendlichen den Weg über die Eltern , fand eine Umfrage von YouGov unter 14- bis 18-Jährigen vor einigen Jahren heraus . Für die haftenden Eltern ist das mit erheblichen Risiken verbunden , denn : Sofern sie nicht jede einzelne Transaktion ihrer Sprösslinge erst genehmigen wollen , geben sie ihnen die Carte blanche – und riskieren damit stets auch einen finanziellen Schaden .

Den damit verbundenen Stress will nun Pockid den Eltern nehmen . Sie sollen ihren „ Seelenfrieden ” – so heißt es auf der Website – behalten , auch wenn ihre Kids selbständig im Netz einkaufen dürfen . Dafür können sie die Transaktionen des Nachwuchses in Echtzeit einsehen oder die Karte sperren und entsperren . Gleichzeitig müssen die Kids nicht mehr für jeden Kauf um Erlaubnis bitten . Rein rechtlich nämlich – Stichwort „ Taschengeldparagraph ” – dürfen 7- bis 18-Jährige auch ohne Zustimmung ihrer Eltern ihr Taschengeld ausgeben . „ Für Kinder und Jugendliche ist die Kontrollfunktionen bei Pockid eine der wichtigsten Funktionen ”, sagt Hennig , auch wenn sie es vielleicht nicht immer zugeben würden . Es ist eine spannende , aber komplizierte Dreierbeziehung .

GROSS WERDEN MIT GELD – WAS DAS GESETZ SAGT

0-7 JAHRE nicht geschäftsfähig → Eltern etc . sparen

7-18 JAHRE eingeschränkt geschäftsfähig

→ Dürfen Geld ausgeben ( Taschengeld und Verdienst )
→ „ Taschengeldparagraph ”

18 + JAHRE voll geschäftsfähig , aber zunächst → wenig Einkommen → wenig Finanzkompetenz → wenig Finanzbildung

Die fehlende Kanalkompetenz der Etablierten

Zwei Zielgruppen gleichzeitig bedienen zu müssen , erhöht nicht nur die Komplexität des Produktes , sondern auch der Kommunikation . Für Eltern muss die Ansprache anders sein als für die unter 18-Jährigen , für Kinder anders als für Jugendliche . Da spielen Instagram oder TikTok eine große Rolle , und welche Netzwerke gerade angesagt sind , ändert sich . Die Kompetenz , die Generation Z auf solchen Kanälen abzuholen und auch neue Kanäle frühzeitig zu erkennen , haben eher Start-ups als etablierte Finanzinstitute , auch wenn sich letztere zum Teil sehr bemühen , mit unterschiedlich großem Erfolg .

Start-ups wie Pockid konzentrieren sich derzeit ganz auf die Generation Z , was sie viel fokussierter macht . Für etablierte Institute sind Kinder und Jugendliche bisher höchstens ein kleiner Anteil der Kundschaft . Es handelt sich aus Sicht der etablierten Banken , vor allem im Vergleich zu dem , was sie sonst so tun , um ein kleines Segment . Die Generation Z ist kein besonders attraktiver Markt , im Moment ist mit ihnen nicht viel Geld zu verdienen .

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