Goldilocks Ausgabe 18 | Page 28

Nicole La Noutelle , Nancy Plaßmann und Sabine Schölzel
60 Prozent der Sparkassen-Mitarbeitenden sind Frauen – doch je höher die Hierarchiestufe , desto weniger Frauen sind es . Dabei liegt gerade hier ein enormes Potenzial , um dem Fachkräftemangel zu begegnen , vor allem in den nächsten Jahren . Wir haben uns darüber mit drei Top-Sparkassen-Frauen unterhalten , die es nicht nur an die Spitze ihrer Institute geschafft haben , sondern auch zur Sprecherinnen-Riege * des Netzwerks S-FiF ( Sparkassen-Frauen in Führung ) gehören : Nicole La Noutelle , Vorständin der Sparkasse Arnsberg-Sundern , Nancy Plaßmann , Vorständin der Berliner Sparkasse , und Sabine Schölzel , Vorständin der Stadtsparkasse München .
🔈 Entstanden : 2013
🤟 Aktuell : 120 Frauen
🗨 Zweck : fachlicher Austausch , gegenseitige Unterstützung , Anteil von Frauen in Führung sowie auf Bühnen erhöhen
👉 Interne Orga : Ehrenamt , Eigeninitiative der Mitglieder , digitaler Austausch , dazu jährlich zwei Präsenztreffen
🤝 Aufnahmebedingungen : Über Empfehlung eines Mitglieds
Mehr Infos auf LinkedIn
GOLDILOCKS : 2000 lag die Zahl der weiblichen Sparkassen-Vorstände bei 3,4 Prozent , 2023 waren es noch immer weniger als 7 Prozent . Was geht euch durch den Kopf , wenn ihr diese Zahlen hört ?
Nicole La Noutelle : Wir setzen uns natürlich nicht nur für das Thema Diversity ein , weil wir Frauen sind , sondern weil wir wirklich davon überzeugt sind , dass vielfältige Teams bessere Entscheidungen treffen . Und ein Anteil von deutlich unter zehn Prozent Frauen in Führungspositionen spiegelt weder unsere Mitarbeitenden noch unsere Kundschaft wider . Da müssen wir uns fragen , inwieweit wir als Sparkassen-Finanzgruppe dann noch interessant für zukünftige Mitarbeitende sind . Das Thema Diversity ist für uns als S-FiF eine Herzensangelegenheit . Gerade weil wir uns als Sparkassen auf die Fahnen geschrieben haben , in der Region und für die Region unterwegs zu sein , können wir das nur glaubwürdig vermitteln , wenn wir die Gesellschaft , in der wir leben und von der wir leben , auch wirklich abbilden .
Nancy Plaßmann : Ende 2023 waren es jetzt immerhin schon 7,4 Prozent und auch dieses Jahr sind schon wieder ein paar in den Vorstandsetagen dazugekommen . Es geht langsam , aber nun hoffentlich stetig voran .
Woran liegt es denn , dass sich der Frauenanteil so langsam entwickelt ?
Nicole : Es braucht einfach Zeit , um sich auf eine Vorstandsposition zu entwickeln . Dazu benötigt es eine bestimmte Berufserfahrung und darüber hinaus muss die Geschäftsleiter-Qualifikation erlangt werden , die je nach Vorqualifikation ca . drei Jahre in Anspruch nimmt .
Sabine Schölzel : Das ist eine mathematische Frage . Wenn wir mehr Frauen im Vorstand haben wollen , dann müssen wir sehr , sehr viel mehr Frauen qualifizieren . Wir sind etwa 360 Sparkassen . Wenn jedes Haus heute anfangen würde , eine Frau zu qualifizieren , hätten wir in drei Jahren 360 Frauen . Und selbst wenn nur die Hälfte davon dann auch wirklich in der Vorstandsposition ankommt , hätten wir schon einen Meilenstein erreicht . Das passiert noch viel zu selten . Bei einem Frauenanteil von über 60 Prozent in der Gesamtbelegschaft müsste das zu schaffen sein .
Nancy : Genau , unter unseren Mitarbeitenden gibt es mehr Frauen als Männer und dann stellt es sich häufig auf den Ebenen darüber ganz anders dar . Hier in der Berliner Sparkasse ist es anders . Wir haben auch auf Bereichsleitungsebene 42 Prozent Frauen , über das ganze Haus sind es 45 Prozent Frauen in Führung . Das zeigt , dass es geht – aber es gibt nicht viele Sparkassen in Deutschland , die der Parität bereits so nah sind .
Was macht ihr anders ? Oder ist das ein Großstadt-Phänomen ?
Nancy : Zum einen wird hier einfach schon sehr , sehr lange in diese Richtung mit Zielsetzung und Überzeugung gearbeitet . Möglicherweise spielt zudem eine Rolle , dass Frauenbiographien in Ostdeutschland schon immer anders verlaufen sind . Vielleicht ist auch die Großstadt unterstützend . Auf der anderen Seite weiß ich , dass bspw . die Sparkasse Lüneburg – und Lüneburg ist keine Großstadt – auch sehr gute Zahlen hat . Und es gibt andere große Sparkassen , die weniger gut im Sinne der Parität sind . Diese Zahlen der einzelnen Sparkassen pro Führungsebene werden so aktuell aber auch nicht untereinander geteilt , obwohl das sicherlich helfen würde , mehr Transparenz und Schwung in das Thema zu bekommen .
Was glaubt ihr , welche Rolle euer Netzwerk spielt , um dem Fachkräftemangel in der Finanzgruppe entgegenzuwirken ?
Nancy : Erstens : In der Sparkassen-Organisation gibt es viele verschiedene Netzwerke , informelle und formelle . Diese sorgen für Zusammenhalt und dafür , dass das , was wir als Sparkassen-Familie bezeichnen , funktioniert . Mit Blick auf den Fachkräftemangel bedeutet das , dass Mitarbeitende eine Zugehörigkeit und Bindung zur Finanzgruppe empfinden . Wir sind ein ebensolches Netzwerk . Zweitens : Frauen , die neu in die Sparkassen kommen – denn wir werden auf Dauer auch Top-Personal von außen gewinnen wollen , um andere Biografien im Sinne der Vielfalt in den Sparkassen zu haben –, können somit besser andocken . Netzwerke öffnen Türen in die Sparkassen- Familie . Und drittens : Wir wissen , dass junge Menschen Vielfalt und Chancengleichheit wollen . Sie wollen in gemischten Teams arbeiten . Für sie muss nach außen sichtbar sein , welche Möglichkeiten sie haben und ob sie sich in der Organisation wiederfinden können . Wie wir als Arbeitgeberin wahrgenommen werden , hängt auch davon ab , wer in der Öffentlichkeit auftritt . Und das sind nun mal vorrangig Vorstände und Führungskräfte . Da ist es gut , wenn hier Identifikation durch Vielfalt möglich ist .
Sabine : Durch die Visibilität , die wir als S-FiF zum Beispiel auf LinkedIn haben , treffen wir auf junge Frauen , die karriereorientiert sind . Immer wieder kommen Talente auf uns zu , die in ihren Häusern keine Unterstützung für ihre beruflichen Ziele erhalten . Durch den Kontakt mit uns lernen sie mögliche Karrierewege kennen . So begegnen wir auch dem Fachkräftemangel , indem wir diese jungen Frauen unterstützen . Darüber hinaus spielt das Thema Empfehlungsmanagement eine große Rolle .
Nicole : Das ist ganz , ganz wichtig . Denn wir brauchen nicht nur Vorständinnen und Bereichsleiterinnen in unserem Netzwerk , sondern der Nachwuchs muss auch heranwachsen . Wir finden es toll , dass im letzten Jahr aus S-FiF heraus eine weitere Initiative für Frauen entstanden ist . Wir stehen den Nachwuchsfrauen als Mentorinnen zur Verfügung und tauschen uns regelmäßig aus . Ansonsten organisieren die Frauen sich in ihrem Netzwerk eigenständig .
Damit meint ihr die Initiative Rückenwind mit FiF , die Frauen am Anfang ihrer Karriere in der Finanzgruppe anspricht . Welche Bedeutung hat dieses Netzwerk für einen höheren Frauenanteil in den Sparkassen-Vorständen ?
Nancy : Wir brauchen dringend mehr Bereichsleiterinnen , da man nur in dieser Position die Qualifikation für den Vorstand erlangen kann . Deswegen ist die Rückenwind-Initiative so wichtig , denn hier wird der Nachwuchs unterstützt . Am Ende möchte ich als Vorstand oder Vorständin einer Sparkasse nicht die eine Frau qualifizieren , weil sie eine Frau und die einzige auf Bereichsleitungsebene ist . Sondern das Ziel muss sein , dass ich eine Auswahl habe . Also brauchen wir mehr Frauen in dieser Position .
Wo sind die Grenzen dessen , was ihr tun könnt ?
Nicole : Wir können nur bei Entscheiderinnen und Entscheidern dafür werben , sich für das Thema Frauenförderung einzusetzen . Doch die Entscheidung , was sie konkret tun , müssen alle Häuser für sich selbst treffen . Wir haben darauf genauso wenig Einfluss wie auf die Zusammensetzung von Gremien , die oft aus bestehenden Vorstandspositionen heraus besetzt werden . Und ganz klar ist auch : Wir können Frauen mit Anregungen und Hilfestellungen auf ihrem Karriereweg unterstützen , aber letztlich muss jede ihre Leistungen zeigen und selbst ihre Frau stehen . Unser Traummodell ist ohnehin , dass es bei jeder zu besetzenden Stelle auf jeden Fall eine gute Kandidatin und einen guten Kandidaten gibt . Möge sich die bessere Person durchsetzen .
Seid ihr nicht auch manchmal furchtbar frustriert , dass das alles so langsam geht und dass wir über diese Sachen gefühlt seit so langer Zeit reden und so wenig besser wird ?
Nancy : Es lohnt sich , immer dranzubleiben und es ist der einzige Weg . Dranbleiben , dranbleiben , dranbleiben .
Sabine : Manchmal schon , aber dass wir schon viele Erfolge sehen , ist sehr motivierend . Gerade in den letzten Monaten haben so viele Frauen aus dem Netzwerk Schritte in eine höhere Position oder ein größeres Haus gemacht . Das motiviert mich sehr weiterzumachen und gibt mir ganz viel Energie . Aber die Geschwindigkeit könnte natürlich ein bisschen schneller sein .
Nicole : Man muss auch sehen , woher wir kommen . Vor zehn Jahren hat man das Thema Frauenförderung nicht so öffentlich gespielt . Heute sprechen wir Gott sei Dank öffentlich darüber , und das Thema findet auch immer mehr Akzeptanz . Und ich finde auch , dass wir vom Verband große Unterstützung bekommen . Allerdings brauchen wir dafür mehr männliche wie weibliche Entscheider : innen , die motiviert mitmachen – und das braucht einfach Zeit .
Sabine : Man merkt schon , dass das Thema in der Sparkassen-Finanzgruppe an Bedeutung gewinnt . In den Verbänden tut sich auch viel . Es gibt zum Beispiel im Sparkassenverband Bayern inzwischen eine Vereinbarung , dass jede Sparkasse eine Frau qualifiziert . Wir merken einfach die positive Entwicklung , zu der wir , glaube ich , in den letzten Jahren einen nennenswerten Beitrag geleistet haben .
Wie realistisch findet ihr das Ziel von 30 Prozent Frauen in Führung bis 2035 , das der DSGV sich gesetzt hat ?
Nancy : Der Verband kann nur ein Ambitionsniveau nennen . Am Ende hat jeder Vorstand dann selbst in der Hand , was er oder sie tut . Es ist aber so , dass in den nächsten fünf Jahren ungefähr 200 Vorstände in den Ruhestand gehen . Wir müssen deshalb jetzt anpacken und Frauen qualifizieren . Vorstände müssen prüfen : Wer hat schon die notwendigen Kompetenzen und Erfahrungen und kann in den verbleibenden Jahren noch eine BaFin-Qualifikation erlangen ? Es gibt jetzt tatsächlich eine Chance zum Change . Gleichzeitig muss sich kein potenzialstarker Mann Sorgen machen , denn wir werden gar nicht so viele Frauen qualifizieren können , wie Positionen frei werden .
Das Interview führte Caro Beese
APRIL 2024
WAS KOMMT , WENN KEINER KOMMT

INTERVIEW

Nicole La Noutelle , Nancy Plaßmann und Sabine Schölzel
von rechts nach links – im Bällebad bei einem Besuch im Sparkassen Innovation Hub
Bild : S-FiF
LESEDAUER : 6 MIN

„ In den nächsten fünf Jahren gehen 200 Vorstände in den Ruhestand – es gibt jetzt eine Chance zum Change “

60 Prozent der Sparkassen-Mitarbeitenden sind Frauen – doch je höher die Hierarchiestufe , desto weniger Frauen sind es . Dabei liegt gerade hier ein enormes Potenzial , um dem Fachkräftemangel zu begegnen , vor allem in den nächsten Jahren . Wir haben uns darüber mit drei Top-Sparkassen-Frauen unterhalten , die es nicht nur an die Spitze ihrer Institute geschafft haben , sondern auch zur Sprecherinnen-Riege * des Netzwerks S-FiF ( Sparkassen-Frauen in Führung ) gehören : Nicole La Noutelle , Vorständin der Sparkasse Arnsberg-Sundern , Nancy Plaßmann , Vorständin der Berliner Sparkasse , und Sabine Schölzel , Vorständin der Stadtsparkasse München .

5 Fakten

🔈 Entstanden : 2013

🤟 Aktuell : 120 Frauen

🗨 Zweck : fachlicher Austausch , gegenseitige Unterstützung , Anteil von Frauen in Führung sowie auf Bühnen erhöhen

👉 Interne Orga : Ehrenamt , Eigeninitiative der Mitglieder , digitaler Austausch , dazu jährlich zwei Präsenztreffen

🤝 Aufnahmebedingungen : Über Empfehlung eines Mitglieds

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GOLDILOCKS : 2000 lag die Zahl der weiblichen Sparkassen-Vorstände bei 3,4 Prozent , 2023 waren es noch immer weniger als 7 Prozent . Was geht euch durch den Kopf , wenn ihr diese Zahlen hört ?
Nicole La Noutelle : Wir setzen uns natürlich nicht nur für das Thema Diversity ein , weil wir Frauen sind , sondern weil wir wirklich davon überzeugt sind , dass vielfältige Teams bessere Entscheidungen treffen . Und ein Anteil von deutlich unter zehn Prozent Frauen in Führungspositionen spiegelt weder unsere Mitarbeitenden noch unsere Kundschaft wider . Da müssen wir uns fragen , inwieweit wir als Sparkassen-Finanzgruppe dann noch interessant für zukünftige Mitarbeitende sind . Das Thema Diversity ist für uns als S-FiF eine Herzensangelegenheit . Gerade weil wir uns als Sparkassen auf die Fahnen geschrieben haben , in der Region und für die Region unterwegs zu sein , können wir das nur glaubwürdig vermitteln , wenn wir die Gesellschaft , in der wir leben und von der wir leben , auch wirklich abbilden .
Nancy Plaßmann : Ende 2023 waren es jetzt immerhin schon 7,4 Prozent und auch dieses Jahr sind schon wieder ein paar in den Vorstandsetagen dazugekommen . Es geht langsam , aber nun hoffentlich stetig voran .
Woran liegt es denn , dass sich der Frauenanteil so langsam entwickelt ?
Nicole : Es braucht einfach Zeit , um sich auf eine Vorstandsposition zu entwickeln . Dazu benötigt es eine bestimmte Berufserfahrung und darüber hinaus muss die Geschäftsleiter-Qualifikation erlangt werden , die je nach Vorqualifikation ca . drei Jahre in Anspruch nimmt .
Sabine Schölzel : Das ist eine mathematische Frage . Wenn wir mehr Frauen im Vorstand haben wollen , dann müssen wir sehr , sehr viel mehr Frauen qualifizieren . Wir sind etwa 360 Sparkassen . Wenn jedes Haus heute anfangen würde , eine Frau zu qualifizieren , hätten wir in drei Jahren 360 Frauen . Und selbst wenn nur die Hälfte davon dann auch wirklich in der Vorstandsposition ankommt , hätten wir schon einen Meilenstein erreicht . Das passiert noch viel zu selten . Bei einem Frauenanteil von über 60 Prozent in der Gesamtbelegschaft müsste das zu schaffen sein .
Nancy : Genau , unter unseren Mitarbeitenden gibt es mehr Frauen als Männer und dann stellt es sich häufig auf den Ebenen darüber ganz anders dar . Hier in der Berliner Sparkasse ist es anders . Wir haben auch auf Bereichsleitungsebene 42 Prozent Frauen , über das ganze Haus sind es 45 Prozent Frauen in Führung . Das zeigt , dass es geht – aber es gibt nicht viele Sparkassen in Deutschland , die der Parität bereits so nah sind .
Was macht ihr anders ? Oder ist das ein Großstadt-Phänomen ?
Nancy : Zum einen wird hier einfach schon sehr , sehr lange in diese Richtung mit Zielsetzung und Überzeugung gearbeitet . Möglicherweise spielt zudem eine Rolle , dass Frauenbiographien in Ostdeutschland schon immer anders verlaufen sind . Vielleicht ist auch die Großstadt unterstützend . Auf der anderen Seite weiß ich , dass bspw . die Sparkasse Lüneburg – und Lüneburg ist keine Großstadt – auch sehr gute Zahlen hat . Und es gibt andere große Sparkassen , die weniger gut im Sinne der Parität sind . Diese Zahlen der einzelnen Sparkassen pro Führungsebene werden so aktuell aber auch nicht untereinander geteilt , obwohl das sicherlich helfen würde , mehr Transparenz und Schwung in das Thema zu bekommen .
Was glaubt ihr , welche Rolle euer Netzwerk spielt , um dem Fachkräftemangel in der Finanzgruppe entgegenzuwirken ?
Nancy : Erstens : In der Sparkassen-Organisation gibt es viele verschiedene Netzwerke , informelle und formelle . Diese sorgen für Zusammenhalt und dafür , dass das , was wir als Sparkassen-Familie bezeichnen , funktioniert . Mit Blick auf den Fachkräftemangel bedeutet das , dass Mitarbeitende eine Zugehörigkeit und Bindung zur Finanzgruppe empfinden . Wir sind ein ebensolches Netzwerk . Zweitens : Frauen , die neu in die Sparkassen kommen – denn wir werden auf Dauer auch Top-Personal von außen gewinnen wollen , um andere Biografien im Sinne der Vielfalt in den Sparkassen zu haben –, können somit besser andocken . Netzwerke öffnen Türen in die Sparkassen- Familie . Und drittens : Wir wissen , dass junge Menschen Vielfalt und Chancengleichheit wollen . Sie wollen in gemischten Teams arbeiten . Für sie muss nach außen sichtbar sein , welche Möglichkeiten sie haben und ob sie sich in der Organisation wiederfinden können . Wie wir als Arbeitgeberin wahrgenommen werden , hängt auch davon ab , wer in der Öffentlichkeit auftritt . Und das sind nun mal vorrangig Vorstände und Führungskräfte . Da ist es gut , wenn hier Identifikation durch Vielfalt möglich ist .
Sabine : Durch die Visibilität , die wir als S-FiF zum Beispiel auf LinkedIn haben , treffen wir auf junge Frauen , die karriereorientiert sind . Immer wieder kommen Talente auf uns zu , die in ihren Häusern keine Unterstützung für ihre beruflichen Ziele erhalten . Durch den Kontakt mit uns lernen sie mögliche Karrierewege kennen . So begegnen wir auch dem Fachkräftemangel , indem wir diese jungen Frauen unterstützen . Darüber hinaus spielt das Thema Empfehlungsmanagement eine große Rolle .
Nicole : Das ist ganz , ganz wichtig . Denn wir brauchen nicht nur Vorständinnen und Bereichsleiterinnen in unserem Netzwerk , sondern der Nachwuchs muss auch heranwachsen . Wir finden es toll , dass im letzten Jahr aus S-FiF heraus eine weitere Initiative für Frauen entstanden ist . Wir stehen den Nachwuchsfrauen als Mentorinnen zur Verfügung und tauschen uns regelmäßig aus . Ansonsten organisieren die Frauen sich in ihrem Netzwerk eigenständig .
Damit meint ihr die Initiative Rückenwind mit FiF , die Frauen am Anfang ihrer Karriere in der Finanzgruppe anspricht . Welche Bedeutung hat dieses Netzwerk für einen höheren Frauenanteil in den Sparkassen-Vorständen ?
Nancy : Wir brauchen dringend mehr Bereichsleiterinnen , da man nur in dieser Position die Qualifikation für den Vorstand erlangen kann . Deswegen ist die Rückenwind-Initiative so wichtig , denn hier wird der Nachwuchs unterstützt . Am Ende möchte ich als Vorstand oder Vorständin einer Sparkasse nicht die eine Frau qualifizieren , weil sie eine Frau und die einzige auf Bereichsleitungsebene ist . Sondern das Ziel muss sein , dass ich eine Auswahl habe . Also brauchen wir mehr Frauen in dieser Position .
Wo sind die Grenzen dessen , was ihr tun könnt ?
Nicole : Wir können nur bei Entscheiderinnen und Entscheidern dafür werben , sich für das Thema Frauenförderung einzusetzen . Doch die Entscheidung , was sie konkret tun , müssen alle Häuser für sich selbst treffen . Wir haben darauf genauso wenig Einfluss wie auf die Zusammensetzung von Gremien , die oft aus bestehenden Vorstandspositionen heraus besetzt werden . Und ganz klar ist auch : Wir können Frauen mit Anregungen und Hilfestellungen auf ihrem Karriereweg unterstützen , aber letztlich muss jede ihre Leistungen zeigen und selbst ihre Frau stehen . Unser Traummodell ist ohnehin , dass es bei jeder zu besetzenden Stelle auf jeden Fall eine gute Kandidatin und einen guten Kandidaten gibt . Möge sich die bessere Person durchsetzen .
Seid ihr nicht auch manchmal furchtbar frustriert , dass das alles so langsam geht und dass wir über diese Sachen gefühlt seit so langer Zeit reden und so wenig besser wird ?
Nancy : Es lohnt sich , immer dranzubleiben und es ist der einzige Weg . Dranbleiben , dranbleiben , dranbleiben .
Sabine : Manchmal schon , aber dass wir schon viele Erfolge sehen , ist sehr motivierend . Gerade in den letzten Monaten haben so viele Frauen aus dem Netzwerk Schritte in eine höhere Position oder ein größeres Haus gemacht . Das motiviert mich sehr weiterzumachen und gibt mir ganz viel Energie . Aber die Geschwindigkeit könnte natürlich ein bisschen schneller sein .
Nicole : Man muss auch sehen , woher wir kommen . Vor zehn Jahren hat man das Thema Frauenförderung nicht so öffentlich gespielt . Heute sprechen wir Gott sei Dank öffentlich darüber , und das Thema findet auch immer mehr Akzeptanz . Und ich finde auch , dass wir vom Verband große Unterstützung bekommen . Allerdings brauchen wir dafür mehr männliche wie weibliche Entscheider : innen , die motiviert mitmachen – und das braucht einfach Zeit .
Sabine : Man merkt schon , dass das Thema in der Sparkassen-Finanzgruppe an Bedeutung gewinnt . In den Verbänden tut sich auch viel . Es gibt zum Beispiel im Sparkassenverband Bayern inzwischen eine Vereinbarung , dass jede Sparkasse eine Frau qualifiziert . Wir merken einfach die positive Entwicklung , zu der wir , glaube ich , in den letzten Jahren einen nennenswerten Beitrag geleistet haben .
Wie realistisch findet ihr das Ziel von 30 Prozent Frauen in Führung bis 2035 , das der DSGV sich gesetzt hat ?
Nancy : Der Verband kann nur ein Ambitionsniveau nennen . Am Ende hat jeder Vorstand dann selbst in der Hand , was er oder sie tut . Es ist aber so , dass in den nächsten fünf Jahren ungefähr 200 Vorstände in den Ruhestand gehen . Wir müssen deshalb jetzt anpacken und Frauen qualifizieren . Vorstände müssen prüfen : Wer hat schon die notwendigen Kompetenzen und Erfahrungen und kann in den verbleibenden Jahren noch eine BaFin-Qualifikation erlangen ? Es gibt jetzt tatsächlich eine Chance zum Change . Gleichzeitig muss sich kein potenzialstarker Mann Sorgen machen , denn wir werden gar nicht so viele Frauen qualifizieren können , wie Positionen frei werden .
* Weitere Sprecherinnen des Netzwerks sind Claudia Lensker ( FI ) und Barbara Witte ( SR ).
Das Interview führte Caro Beese
PRÄSENTIERT VON