Goldilocks Ausgabe 18 | Page 30

Ein Interview mit Gabriel Rath
Gabriel betont die Bedeutung eines Umdenkens im Vertrieb und die Notwendigkeit , attraktive Gründe für eine Karriere in der Sparkassen-Finanzgruppe zu kommunizieren . Auch Themen wie Employer Branding , Nachhaltigkeit und persönliche Beratung stehen im Fokus . Ein Blick in die Zukunft der Sparkassen und die Anpassung an moderne Arbeitswelten .
GOLDILOCKS : Ich würde gerne mit dir über Fachkräftemangel und die Sparkassen-Finanzgruppe sprechen . Was kommt dir dazu in den Sinn ?
Gabriel Rath : Dass wir viel zu tun haben und das Thema dementsprechend hoch priorisieren sollten . Wir müssen – und das ist ein Umdenken in Richtung Vertrieb – wirklich gute Gründe dafür liefern , warum man zur Sparkassen-Finanzgruppe kommen sollte , und zwar nicht nur als junger Mensch , sondern eben auch als Fachkraft , als Spezialist oder als Spezialistin . Ich bin der Meinung : Wir haben gute Gründe ! Wir müssen allerdings in der Kommunikation besser werden und soziale Medien besser nutzen . Wir sind zum Beispiel bei TikTok relativ spät dran , haben aber noch großes Potenzial . Und die Gemeinwohlorientierung ist ein großer Vorteil . Das ist sehr zeitgemäß und interessiert sehr , sehr viele Leute . Außerdem haben wir eine gewisse Beständigkeit . Allein diese beiden Dinge können wir ausspielen . Wenn wir dann noch authentisch sagen : Wir müssen uns weiterentwickeln und verändern – und wenn wir das dann wirklich so meinen – dann haben wir viel zu gewinnen !
Was sind denn für dich diese guten Gründe , die du gerade genannt hast , für die Sparkasse zu arbeiten ?
In einer Zeit , in der man sich aussuchen kann , wo man arbeitet , möchte man eine Tätigkeit finden , die einen persönlichen Sinn bietet . Stupide Arbeitsweisen und -themen sind nicht mehr gefragt und das aus gutem Grund . Und da haben wir als Sparkasse mit unserem Purpose , mit unserer Grundidee , einen echten Punkt , den wir in den Vordergrund stellen können . Wir machen das Ganze eben nicht , um die Rendite noch weiter zu steigern , sondern damit die Gesellschaft etwas davon hat und jeder und jede Einzelne als Teil der Gesellschaft sein und ihr Leben gestalten kann . Das ist ein Ansatz , den wir weiter nach vorne bringen müssen . Dann haben wir aber noch andere gute Gründe . Wir ermöglichen eine große Familienfreundlichkeit , eine große Vereinbarkeit . Ich weiß als Vater von drei Töchtern , wie das gehen kann . Wir haben beim DSGV zum Beispiel die Möglichkeit , sehr flexibel zu arbeiten , was die Arbeitszeit angeht , was wirklich toll ist .
Wir sind die größte Finanzgruppe in Europa und können wirklich viel bewegen in Richtung Wirtschaft , Politik und Gesellschaft . Es macht Spaß , in einer erfolgreichen Unternehmensgruppe zu arbeiten , wo man nicht gegen den Abstieg kämpft . Da haben wir viele verschiedene Handlungsfelder . Ob das jetzt in der Filiale ist , in der Zentrale , Marketing , Vertrieb , Personal – alles entwickelt sich gerade sehr stark und es entstehen neue Felder . Und für die werden eben Leute gesucht , die mitgestalten und die in dieser Transformation mit dabei sein wollen .
Die Gemeinwohlorientierung der Sparkassen steht in der Kommunikation weder nach innen noch nach außen an vorderer Stelle . Wie erklärst du dir das ?
Sie ist selbstverständlich geworden , man hat sich daran gewöhnt . Deswegen ist es an der Zeit , das wieder zu erzählen . Letztendlich braucht man im Employer Branding und Recruiting Storytelling : Es geht nicht nur darum , Benefits aufzuzählen , sondern um die ganze Geschichte . Warum gibt es eigentlich Sparkassen ? Die Grundidee ist heute aktueller denn je . Denn die Sparkasse setzt sich dafür ein , dass alle Menschen ihr Leben gestalten können . Das ist in einer Zeit , in der Arm und Reich mit entsprechenden sozialen Folgen auseinanderdriften , sehr wichtig . Ohne Sparkassen sähe es in Deutschland ganz anders aus .
Was würde denn fehlen , wenn es die Sparkassen nicht gäbe ?
Die Sparkassen schaffen einen gewissen Ausgleich . Wir betreuen genauso Arbeitssuchende , Unternehmer : innen wie finanziell Bedürftige . Unter einem Dach können sie dazu beitragen , dass ein Teil der Erträge wieder in die Gemeinschaft zurückfließt in Form von gesellschaftlicher Förderung , zum Beispiel Kulturförderung . Das verbindet in gewisser Weise . Und diese Geschichte ist vielen Fachkräften vielleicht gar nicht so klar . In der Vergangenheit wurde sie in der großen Markenkommunikation vernachlässigt , vermutlich weil es der Sparkasse als Arbeitgeberin gut ging . Jetzt wird langsam klar , dass Handlungsbedarf besteht . Das „ Warum “ ist ein wichtiger Leitfaden , den wir unbedingt wieder hervorholen müssen .
Wenn die Sparkassen gemeinwohlorientiert sind und keinen Ertragsdruck haben , wie kommt es dann , dass die Produkte immer etwas teurer sind als der Marktdurchschnitt ?
„ Teuer “ ist immer relativ . Die entscheidende Frage ist : Was bekommst du am Ende für dein Geld ? Bei der Sparkasse findest du eine beeindruckende Vielfalt . Du kannst zum Beispiel deine Bankgeschäfte wie bei einer Fintech-Bank abwickeln , alles online mit der preisgekrönten App Sparkasse erledigen und sogar eine Videoberatung in Anspruch nehmen . Gleichzeitig kannst du aber jederzeit in eine Filiale gehen – nicht nur in deiner Stadt , sondern auch in anderen Städten . Dort bekommst du eine persönliche Beratung , die bei anderen Banken oft extra kostet . Kurz gesagt : Du hast Zugang zu einer breiten Palette von Bankdienstleistungen , die für viele Menschen von großem Wert sind . Außerdem bietet die Sparkasse Verlässlichkeit , was ebenfalls von unschätzbarem Wert ist . Man kann sich darauf verlassen , dass es die Sparkasse in fünf Jahren noch gibt . Das ist bei kleineren Direktbanken nicht immer gewährleistet , wie wir in der Pandemie gesehen haben – nicht alle haben es geschafft . Insofern hat das einen hohen Wert . Selbst Sparkassen dürfen experimentieren und herausfinden , welche Modelle funktionieren und welche nicht . Last but not least haben Sparkassen manchmal höhere Kosten als andere , die sie dann an die Kunden weitergeben müssen .
Gabriel Rath ist beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband für die Organisationsentwicklung zuständig , in einem Team , das sich mit Personalund Organisationsentwicklung beschäftigt .
Er hat lange in Hamburg in Agenturen im Bereich Social Media Marketing gearbeitet und ist als junger Vater in seine Rostocker Heimat zurückgekehrt . Zwischendurch war er kurz bei einem Start-up , dann bei einem Software-Mittelständler . Und schließlich kam er in die Sparkassen-Welt , zunächst als Fachmann für Marketing und Kommunikation bei der Ostseesparkasse Rostock . Mit dem „ New Work Chat ” betreibt er privat einen Podcast .
Gabriel Rath auf Linkedin .
Diese Ausgleichsfunktion kenne ich von der GLS Bank , die diesen Aspekt stark betont und sagt , dass sie das Geld , das ihre Kund : innen anlegen , nicht nur gewinnbringend , sondern auch sinnvoll einsetzen möchten . Wie findest du dieses Kommunikations- und Geschäftsmodell ?
Die Sparkassen haben eine Vielzahl von Ansätzen , sich zu präsentieren . Wir haben allein über 350 Sparkassen , die in ihrer Kommunikation sehr unterschiedlich agieren . Einige setzen das Thema Nachhaltigkeit schon sehr gut um , andere noch gar nicht . Sicherlich kann man von anderen Banken lernen – warum nicht ? Letztlich kommt es darauf an , was die Kunden interessiert und was ihnen wichtig ist . Ich glaube , dass es für unsere Kundinnen und Kunden auch wichtig ist , dass wir positive Veränderungen bewirken können . Die Sparkasse wird meiner Meinung nach noch nicht so stark mit den Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung in Verbindung gebracht . Wir haben zuletzt viel darüber diskutiert , welche Werte und Themen wir verfolgen wollen , und diese sind in den drei Schlagworten green , digital und social zusammengefasst . Über das Soziale haben wir bereits gesprochen . Beim Thema Nachhaltigkeit geht es darum , wen wir unterstützen und fördern wollen . Bei der Digitalisierung geht es letztlich um Kundenorientierung . Digitalisierung bedeutet nicht nur , dass alles ausschließlich digital abläuft , zum Beispiel über Videoberatung , sondern dass wir dort präsent sind , wo unsere Kundinnen und Kunden sind . Das kann in der Filiale sein , aber auch dort gibt es digitale Tools und Touchpoints . Diese Verbindung von grün , digital und sozial fasst es meiner Meinung nach gut zusammen und sollte in Zukunft noch stärker betont werden .
In den letzten Jahren habe ich oft gehört , dass die Stärke der Sparkassen in der persönlichen Beratung liegt . Ich habe dann zumindest innerlich widersprochen : Der Schlüssel ist die personalisierte Beratung . Das klingt ähnlich , ist aber nicht dasselbe . Denn eine Beratung kann noch so persönlich sein – wenn sie nicht auf den Kunden ausgerichtet und personalisiert ist , ist sie nicht gut . Die Sparkasse kann individuelle Lösungen finden . Sei es im Kreditgeschäft , bei der Baufinanzierung oder bei der Unternehmensnachfolge . Das steht im Gegensatz zu dem , was wir heute in der digitalen Finanzwelt sehen , wo die Produkte hoch standardisiert und nicht individualisierbar sind . Glaubst du , dass die Sparkasse diese Fähigkeit , diese „ Superkraft “, behalten kann ?
Ja , diese Superkraft sollten die Sparkassen unbedingt behalten ! Wir können einiges von den großen digitalen Plattformen lernen , denn auch wir sind eine Plattform . Wir könnten unseren Kundinnen und Kunden viel mehr Dienstleistungen aus einer Hand anbieten , sowohl im Privat- als auch im Firmenkundengeschäft . Warum nicht neben Konten und Krediten auch Handwerksleistungen anbieten , weil wir viele Firmenkunden haben , die im Handwerk tätig sind ? Warum nicht die Privatkunden von der Kompetenz der Firmenkunden profitieren lassen und umgekehrt ? Außerdem haben wir als Sparkasse viele Daten . Diese sollten wir nutzen , um für unsere Kunden ein personalisiertes Erlebnis zu schaffen . Das ist ein Thema , das schon lange auf der Agenda steht und teilweise schon bearbeitet wird . Vor allem in der App Sparkasse arbeiten wir daran , dass alles personalisiert ist – und das sollte der Anspruch einer Beratung sein . Ich hatte die Möglichkeit , eine Zeit lang in einer Filiale zu arbeiten , um zu verstehen , wie die Beratung direkt beim Kunden praktiziert wird . Eine gute Beratung funktioniert nur , wenn man sich auf die Person vorbereitet : Wer ist er oder sie ? Nicht nur , was auf dem Konto ist , sondern was die Person beschäftigt . In welcher Lebensphase befindet sie sich ? All das gehört dazu . Wir sollten alles zusammenführen , um unseren Kundinnen und Kunden neue Erfahrungen zu bieten . Und unsere Mitarbeitenden dürfen wir auch wie Kundinnen und Kunden sehen . Auch die haben eine Erfahrung , die es zu optimieren gilt .
Ich würde gerne noch eine Dreiviertelstunde mit dir plaudern . Aber das ist kein Podcast , wir sollten zum Ende kommen . Möchtest du noch etwas hinzufügen ?
An dem Satz „ Der Fachkräftemangel ist nur ein Problem für die Unternehmen , die sich nicht darum kümmern “ ist sicher etwas dran . Wenn wir den Kopf in den Sand stecken und so weitermachen wie bisher , werden wir ernsthafte Probleme bekommen . Deshalb müssen wir jetzt dringend unsere Kommunikation neu ausrichten und die Themen Arbeitgeberkommunikation und Employer Branding sowohl intern als auch extern neu priorisieren . Wir müssen uns überlegen , wie wir authentisch auftreten können . Bisher standen in der Marketingkommunikation oft Erfolge und Ergebnisse im Vordergrund . In der Arbeitgeberkommunikation müssen wir aber mehr darüber berichten , wo wir auf unserem Weg stehen , in welchem Wandel und in welcher Veränderung wir uns befinden . Die Menschen wollen keine Hochglanzbilder mehr sehen , sondern wissen , wo das Unternehmen steht und mit wem sie dort arbeiten . Wir sollten viel mehr über die Menschen , die bei uns arbeiten , erzählen und sie gegebenenfalls sogar als Markenbotschafterinnen und -botschafter einsetzen . Es gibt interessante Corporate-Influencer-Programme auf LinkedIn , mit denen wir uns jetzt beschäftigen müssen . Wir haben schon gute Ansätze , über die wir berichten können , aber wir müssen uns weiterentwickeln . Das Image der Sparkasse ist etwas „ unsexy “, aber das muss nicht so bleiben . Wir müssen kein Start-up werden , aber wir können hier und da moderner werden und mit der Zeit gehen . Wenn uns das gelingt , haben wir eine gute Perspektive !
Gabriel , vielen Dank für das Gespräch !
Die Fragen stellte Clas Beese
APRIL 2024
WAS KOMMT , WENN KEINER KOMMT

FACHKRÄFTE- MANGEL UND DIE SPARKASSEN

Ein Interview mit Gabriel Rath
Bild : Gabriel Rath
LESEDAUER : 7 MIN

Das Interview mit Gabriel Rath beleuchtet die aktuelle Herausforderung des Fachkräftemangels im Bankensektor .

Gabriel betont die Bedeutung eines Umdenkens im Vertrieb und die Notwendigkeit , attraktive Gründe für eine Karriere in der Sparkassen-Finanzgruppe zu kommunizieren . Auch Themen wie Employer Branding , Nachhaltigkeit und persönliche Beratung stehen im Fokus . Ein Blick in die Zukunft der Sparkassen und die Anpassung an moderne Arbeitswelten .

GOLDILOCKS : Ich würde gerne mit dir über Fachkräftemangel und die Sparkassen-Finanzgruppe sprechen . Was kommt dir dazu in den Sinn ?
Gabriel Rath : Dass wir viel zu tun haben und das Thema dementsprechend hoch priorisieren sollten . Wir müssen – und das ist ein Umdenken in Richtung Vertrieb – wirklich gute Gründe dafür liefern , warum man zur Sparkassen-Finanzgruppe kommen sollte , und zwar nicht nur als junger Mensch , sondern eben auch als Fachkraft , als Spezialist oder als Spezialistin . Ich bin der Meinung : Wir haben gute Gründe ! Wir müssen allerdings in der Kommunikation besser werden und soziale Medien besser nutzen . Wir sind zum Beispiel bei TikTok relativ spät dran , haben aber noch großes Potenzial . Und die Gemeinwohlorientierung ist ein großer Vorteil . Das ist sehr zeitgemäß und interessiert sehr , sehr viele Leute . Außerdem haben wir eine gewisse Beständigkeit . Allein diese beiden Dinge können wir ausspielen . Wenn wir dann noch authentisch sagen : Wir müssen uns weiterentwickeln und verändern – und wenn wir das dann wirklich so meinen – dann haben wir viel zu gewinnen !
Was sind denn für dich diese guten Gründe , die du gerade genannt hast , für die Sparkasse zu arbeiten ?
In einer Zeit , in der man sich aussuchen kann , wo man arbeitet , möchte man eine Tätigkeit finden , die einen persönlichen Sinn bietet . Stupide Arbeitsweisen und -themen sind nicht mehr gefragt und das aus gutem Grund . Und da haben wir als Sparkasse mit unserem Purpose , mit unserer Grundidee , einen echten Punkt , den wir in den Vordergrund stellen können . Wir machen das Ganze eben nicht , um die Rendite noch weiter zu steigern , sondern damit die Gesellschaft etwas davon hat und jeder und jede Einzelne als Teil der Gesellschaft sein und ihr Leben gestalten kann . Das ist ein Ansatz , den wir weiter nach vorne bringen müssen . Dann haben wir aber noch andere gute Gründe . Wir ermöglichen eine große Familienfreundlichkeit , eine große Vereinbarkeit . Ich weiß als Vater von drei Töchtern , wie das gehen kann . Wir haben beim DSGV zum Beispiel die Möglichkeit , sehr flexibel zu arbeiten , was die Arbeitszeit angeht , was wirklich toll ist .
Wir sind die größte Finanzgruppe in Europa und können wirklich viel bewegen in Richtung Wirtschaft , Politik und Gesellschaft . Es macht Spaß , in einer erfolgreichen Unternehmensgruppe zu arbeiten , wo man nicht gegen den Abstieg kämpft . Da haben wir viele verschiedene Handlungsfelder . Ob das jetzt in der Filiale ist , in der Zentrale , Marketing , Vertrieb , Personal – alles entwickelt sich gerade sehr stark und es entstehen neue Felder . Und für die werden eben Leute gesucht , die mitgestalten und die in dieser Transformation mit dabei sein wollen .
Die Gemeinwohlorientierung der Sparkassen steht in der Kommunikation weder nach innen noch nach außen an vorderer Stelle . Wie erklärst du dir das ?
Sie ist selbstverständlich geworden , man hat sich daran gewöhnt . Deswegen ist es an der Zeit , das wieder zu erzählen . Letztendlich braucht man im Employer Branding und Recruiting Storytelling : Es geht nicht nur darum , Benefits aufzuzählen , sondern um die ganze Geschichte . Warum gibt es eigentlich Sparkassen ? Die Grundidee ist heute aktueller denn je . Denn die Sparkasse setzt sich dafür ein , dass alle Menschen ihr Leben gestalten können . Das ist in einer Zeit , in der Arm und Reich mit entsprechenden sozialen Folgen auseinanderdriften , sehr wichtig . Ohne Sparkassen sähe es in Deutschland ganz anders aus .
Was würde denn fehlen , wenn es die Sparkassen nicht gäbe ?
Die Sparkassen schaffen einen gewissen Ausgleich . Wir betreuen genauso Arbeitssuchende , Unternehmer : innen wie finanziell Bedürftige . Unter einem Dach können sie dazu beitragen , dass ein Teil der Erträge wieder in die Gemeinschaft zurückfließt in Form von gesellschaftlicher Förderung , zum Beispiel Kulturförderung . Das verbindet in gewisser Weise . Und diese Geschichte ist vielen Fachkräften vielleicht gar nicht so klar . In der Vergangenheit wurde sie in der großen Markenkommunikation vernachlässigt , vermutlich weil es der Sparkasse als Arbeitgeberin gut ging . Jetzt wird langsam klar , dass Handlungsbedarf besteht . Das „ Warum “ ist ein wichtiger Leitfaden , den wir unbedingt wieder hervorholen müssen .
Wenn die Sparkassen gemeinwohlorientiert sind und keinen Ertragsdruck haben , wie kommt es dann , dass die Produkte immer etwas teurer sind als der Marktdurchschnitt ?
„ Teuer “ ist immer relativ . Die entscheidende Frage ist : Was bekommst du am Ende für dein Geld ? Bei der Sparkasse findest du eine beeindruckende Vielfalt . Du kannst zum Beispiel deine Bankgeschäfte wie bei einer Fintech-Bank abwickeln , alles online mit der preisgekrönten App Sparkasse erledigen und sogar eine Videoberatung in Anspruch nehmen . Gleichzeitig kannst du aber jederzeit in eine Filiale gehen – nicht nur in deiner Stadt , sondern auch in anderen Städten . Dort bekommst du eine persönliche Beratung , die bei anderen Banken oft extra kostet . Kurz gesagt : Du hast Zugang zu einer breiten Palette von Bankdienstleistungen , die für viele Menschen von großem Wert sind . Außerdem bietet die Sparkasse Verlässlichkeit , was ebenfalls von unschätzbarem Wert ist . Man kann sich darauf verlassen , dass es die Sparkasse in fünf Jahren noch gibt . Das ist bei kleineren Direktbanken nicht immer gewährleistet , wie wir in der Pandemie gesehen haben – nicht alle haben es geschafft . Insofern hat das einen hohen Wert . Selbst Sparkassen dürfen experimentieren und herausfinden , welche Modelle funktionieren und welche nicht . Last but not least haben Sparkassen manchmal höhere Kosten als andere , die sie dann an die Kunden weitergeben müssen .
Gabriel Rath ist beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband für die Organisationsentwicklung zuständig , in einem Team , das sich mit Personalund Organisationsentwicklung beschäftigt .
Er hat lange in Hamburg in Agenturen im Bereich Social Media Marketing gearbeitet und ist als junger Vater in seine Rostocker Heimat zurückgekehrt . Zwischendurch war er kurz bei einem Start-up , dann bei einem Software-Mittelständler . Und schließlich kam er in die Sparkassen-Welt , zunächst als Fachmann für Marketing und Kommunikation bei der Ostseesparkasse Rostock . Mit dem „ New Work Chat ” betreibt er privat einen Podcast .
Gabriel Rath auf Linkedin .
Diese Ausgleichsfunktion kenne ich von der GLS Bank , die diesen Aspekt stark betont und sagt , dass sie das Geld , das ihre Kund : innen anlegen , nicht nur gewinnbringend , sondern auch sinnvoll einsetzen möchten . Wie findest du dieses Kommunikations- und Geschäftsmodell ?
Die Sparkassen haben eine Vielzahl von Ansätzen , sich zu präsentieren . Wir haben allein über 350 Sparkassen , die in ihrer Kommunikation sehr unterschiedlich agieren . Einige setzen das Thema Nachhaltigkeit schon sehr gut um , andere noch gar nicht . Sicherlich kann man von anderen Banken lernen – warum nicht ? Letztlich kommt es darauf an , was die Kunden interessiert und was ihnen wichtig ist . Ich glaube , dass es für unsere Kundinnen und Kunden auch wichtig ist , dass wir positive Veränderungen bewirken können . Die Sparkasse wird meiner Meinung nach noch nicht so stark mit den Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung in Verbindung gebracht . Wir haben zuletzt viel darüber diskutiert , welche Werte und Themen wir verfolgen wollen , und diese sind in den drei Schlagworten green , digital und social zusammengefasst . Über das Soziale haben wir bereits gesprochen . Beim Thema Nachhaltigkeit geht es darum , wen wir unterstützen und fördern wollen . Bei der Digitalisierung geht es letztlich um Kundenorientierung . Digitalisierung bedeutet nicht nur , dass alles ausschließlich digital abläuft , zum Beispiel über Videoberatung , sondern dass wir dort präsent sind , wo unsere Kundinnen und Kunden sind . Das kann in der Filiale sein , aber auch dort gibt es digitale Tools und Touchpoints . Diese Verbindung von grün , digital und sozial fasst es meiner Meinung nach gut zusammen und sollte in Zukunft noch stärker betont werden .
In den letzten Jahren habe ich oft gehört , dass die Stärke der Sparkassen in der persönlichen Beratung liegt . Ich habe dann zumindest innerlich widersprochen : Der Schlüssel ist die personalisierte Beratung . Das klingt ähnlich , ist aber nicht dasselbe . Denn eine Beratung kann noch so persönlich sein – wenn sie nicht auf den Kunden ausgerichtet und personalisiert ist , ist sie nicht gut . Die Sparkasse kann individuelle Lösungen finden . Sei es im Kreditgeschäft , bei der Baufinanzierung oder bei der Unternehmensnachfolge . Das steht im Gegensatz zu dem , was wir heute in der digitalen Finanzwelt sehen , wo die Produkte hoch standardisiert und nicht individualisierbar sind . Glaubst du , dass die Sparkasse diese Fähigkeit , diese „ Superkraft “, behalten kann ?
Ja , diese Superkraft sollten die Sparkassen unbedingt behalten ! Wir können einiges von den großen digitalen Plattformen lernen , denn auch wir sind eine Plattform . Wir könnten unseren Kundinnen und Kunden viel mehr Dienstleistungen aus einer Hand anbieten , sowohl im Privat- als auch im Firmenkundengeschäft . Warum nicht neben Konten und Krediten auch Handwerksleistungen anbieten , weil wir viele Firmenkunden haben , die im Handwerk tätig sind ? Warum nicht die Privatkunden von der Kompetenz der Firmenkunden profitieren lassen und umgekehrt ? Außerdem haben wir als Sparkasse viele Daten . Diese sollten wir nutzen , um für unsere Kunden ein personalisiertes Erlebnis zu schaffen . Das ist ein Thema , das schon lange auf der Agenda steht und teilweise schon bearbeitet wird . Vor allem in der App Sparkasse arbeiten wir daran , dass alles personalisiert ist – und das sollte der Anspruch einer Beratung sein . Ich hatte die Möglichkeit , eine Zeit lang in einer Filiale zu arbeiten , um zu verstehen , wie die Beratung direkt beim Kunden praktiziert wird . Eine gute Beratung funktioniert nur , wenn man sich auf die Person vorbereitet : Wer ist er oder sie ? Nicht nur , was auf dem Konto ist , sondern was die Person beschäftigt . In welcher Lebensphase befindet sie sich ? All das gehört dazu . Wir sollten alles zusammenführen , um unseren Kundinnen und Kunden neue Erfahrungen zu bieten . Und unsere Mitarbeitenden dürfen wir auch wie Kundinnen und Kunden sehen . Auch die haben eine Erfahrung , die es zu optimieren gilt .
Ich würde gerne noch eine Dreiviertelstunde mit dir plaudern . Aber das ist kein Podcast , wir sollten zum Ende kommen . Möchtest du noch etwas hinzufügen ?
An dem Satz „ Der Fachkräftemangel ist nur ein Problem für die Unternehmen , die sich nicht darum kümmern “ ist sicher etwas dran . Wenn wir den Kopf in den Sand stecken und so weitermachen wie bisher , werden wir ernsthafte Probleme bekommen . Deshalb müssen wir jetzt dringend unsere Kommunikation neu ausrichten und die Themen Arbeitgeberkommunikation und Employer Branding sowohl intern als auch extern neu priorisieren . Wir müssen uns überlegen , wie wir authentisch auftreten können . Bisher standen in der Marketingkommunikation oft Erfolge und Ergebnisse im Vordergrund . In der Arbeitgeberkommunikation müssen wir aber mehr darüber berichten , wo wir auf unserem Weg stehen , in welchem Wandel und in welcher Veränderung wir uns befinden . Die Menschen wollen keine Hochglanzbilder mehr sehen , sondern wissen , wo das Unternehmen steht und mit wem sie dort arbeiten . Wir sollten viel mehr über die Menschen , die bei uns arbeiten , erzählen und sie gegebenenfalls sogar als Markenbotschafterinnen und -botschafter einsetzen . Es gibt interessante Corporate-Influencer-Programme auf LinkedIn , mit denen wir uns jetzt beschäftigen müssen . Wir haben schon gute Ansätze , über die wir berichten können , aber wir müssen uns weiterentwickeln . Das Image der Sparkasse ist etwas „ unsexy “, aber das muss nicht so bleiben . Wir müssen kein Start-up werden , aber wir können hier und da moderner werden und mit der Zeit gehen . Wenn uns das gelingt , haben wir eine gute Perspektive !
Gabriel , vielen Dank für das Gespräch !
Die Fragen stellte Clas Beese
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