Das Unternehmen wurde Anfang Juli 2020 mit 2,75 Milliarden Dollar bewertet. Hauptaktionär des erst 2016 gegründeten Startups ist der japanische Investor Softbank.
WAS IST NEU?
Das InsurTech-Startup Lemonade kann auf ein bemerkenswertes Debüt an der New Yorker Börse am 2. Juli dieses Jahres zurückblicken. Die Aktie des 2016 gegründeten Unternehmens sprang direkt um 72 Prozent auf 50,06 Dollar. Ausgegeben worden waren die Papiere zu 29 Dollar. Zum Ausgabepreis wurde Lemonade mit rund 1,6 Milliarden Dollar bewertet, zum ersten Kurs waren es schon 2,75 Milliarden. Der Erlös aus dem Börsengang lag bei 319 Millionen Dollar.
Das Unternehmen gilt als eines der vielversprechendsten Startups der Versicherungsbranche. Anders als viele andere neu gegründete Marktteilnehmer, die lediglich Verträge vermitteln oder verwalten, hat Lemonade eine eigene Versicherungslizenz. Das Startup hat nach eigenen Angaben den gesamten Versicherungsprozess digitalisiert. Für eine Deckungszusage brauchen die Algorithmen nach Lemonade-Angaben 90 Sekunden, für die Schadenabwicklung drei Minuten.
Hauptaktionär des Startup-Unternehmens ist der japanische Technologie-Investor Softbank mit 27,3 Prozent. An der jüngsten, 300 Millionen Dollar schweren Finanzierungsrunde vor gut einem Jahr hatten sich auch die Allianz und die Venture-Capital-Sparte der Google-Mutter Alphabet, GV, beteiligt.
Was das bedeutet
Das InsurTech Lemonade wurde im Jahr 2015 gegründet und ist damit beim IPO in 2020 gerade mal fünf Jahre alt. Und damit halb so alt, wie die durchschnittlichen Tech-Unternehmen, die aktuell eine Erstnotierung an der Börse vollziehen. Mit fünf Jahren an die Börse – das erinnert an die geplatze Dot-Com-Bubble. Deren Bewertung von 2,75 Mrd. stehen auch Umsätze von gerade mal 76 Mio. gegenüber. Wie kann das sein? Würde man versuchen, die Wertschöpfungskette einer Versicherung auf einen Bierdeckel zu schreiben, dann stünde dort: verkaufen, betreiben und leisten. Und da Lemonade, anders als seine allermeisten Mitbewerber, sein komplettes Back- und Frontend neu gebaut hat, digital und mit künstlicher Intelligenz, können Kunden dort ihre Policen innerhalb von Minuten selber abschließen. Und auch die Schadensbewertung und Auszahlung erfolgt in dieser Geschwindigkeit. Ein zeitgemäßes Angebot, das auch nachgefragt wird. Gerade von Jüngeren, so sollen 70 bis 75 Prozent der Lemonade-Kunden unter 35 Jahre alt sein. Und mit diesen Kunden will Lemonade wachsen – keine schlechte Strategie; steigen doch Einkommen und Versicherungsbedarf mit dem Lebensalter erfahrungsgemäß an. Die Gründer und Investoren haben Mut bewiesen, indem sie nicht nur das Frontend neu gestaltet, sondern mit einem eigenen, neuen Backend beim Tempo bei der Schadensregulierung einen neuen Standard gesetzt haben. Diesen Mut haben Daniel Schreiber und Shai Wininger, Gründer des Insurtechs, aber nicht exklusiv gepachtet. Auch die Kunden der Sparkassen-Finanzgruppe werden solche Angebote lieben. Nur den Mut müsste man irgendwo finden, tatsächlich einmal von vorne, auf der sprichwörtlichen grünen Wiese anzufangen.
Und da selbst die größte Reise immer mit dem ersten Schritte beginnt: Lemonade einfach mal ausprobieren und eine Versicherung abschließen. Probeweise. Denn Lemonade ist längst auf dem deutschen Markt aktiv.